Stell dir vor, du siehst, wie dein Partner sein Handy liegen lässt. Du weißt das Passwort. Du hast es früher mal gesehen. Du willst nur schnell nachschauen, ob er wirklich bei der Arbeit ist oder ob er mit jemandem chatted. Es fühlt sich harmlos an. Aber ist es legal? Nein. Und das ist nicht nur eine Frage der Moral - es ist ein Verbrechen.
Was genau ist illegal daran?
Wenn du dich ohne Zustimmung in ein Konto einloggst - egal ob E-Mail, Social Media, Banking, Netflix oder Cloud-Speicher - brichst du das Computerstrafrecht. In Deutschland ist das im § 202a StGB geregelt: „Wer unbefugt Daten von einem Datenverarbeitungssystem abruft, verändert oder übermittelt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“ Das gilt für jedes Konto, das durch ein Passwort geschützt ist. Selbst wenn du das Passwort von jemandem kennst, weil er es dir mal gezeigt hat, heißt das nicht, dass du es beliebig nutzen darfst.
Ein Beispiel: Du loggst dich in das Instagram-Konto deiner Schwester ein, um zu sehen, wen sie folgt. Sie hat dir das Passwort vor Monaten gegeben, als sie es vergessen hatte. Seitdem hat sie es geändert. Du weißt es trotzdem noch. Du loggst dich ein. Das ist illegal. Selbst wenn du nichts Böses vorhast. Selbst wenn du es nur einmal machst. Selbst wenn sie es nie herausfindet.
Warum ist das so streng?
Digitaler Zugriff ist kein Hausbesuch. Du betrittst nicht ein Zimmer. Du greifst auf private Kommunikation, Finanzdaten, Fotos, Nachrichten und Verhaltensmuster zu - alles, was jemand als vertraulich betrachtet. Die Gesetze schützen nicht nur die Daten, sondern das Vertrauen. Wer sein Passwort teilt, gibt nicht automatisch uneingeschränkten Zugang. Es ist wie jemandem den Schlüssel zu seiner Wohnung geben - nicht um ihn zu benutzen, wenn er nicht da ist, sondern nur, um ihn zu öffnen, wenn er darum bittet.
Ein Fall aus der Praxis: Eine Frau loggte sich in das Bankkonto ihres Ex-Mannes ein, um zu sehen, wie viel Geld er ausgegeben hatte. Sie dachte, sie hätte ein Recht darauf, weil sie früher gemeinsam gezahlt hatten. Sie wurde angeklagt, weil sie keine Zustimmung hatte. Das Gericht entschied: Selbst bei einer ehemaligen Beziehung ändert das nichts an der Rechtslage. Der Zugriff war unbefugt - und damit strafbar.
Was gilt für Familienmitglieder oder Kinder?
Eltern denken oft: „Ich bin doch der Elternteil, ich muss wissen, was mein Kind tut.“ Aber auch hier gilt: Wenn dein Kind ein eigenes Konto hat - selbst wenn du es eingerichtet hast - und es ein Passwort hat, dann ist der unbefugte Zugriff rechtlich problematisch. Kinder ab 14 Jahren genießen in Deutschland ein Recht auf Privatsphäre. Wenn du dich ohne Wissen in ihr Snapchat-Konto einloggst, riskierst du nicht nur das Vertrauen, sondern auch eine strafrechtliche Konsequenz.
Es gibt eine Ausnahme: Wenn das Kind unter 14 ist und du als gesetzlicher Vertreter handelst, dann darfst du Zugriff haben - aber nur, wenn es im Sinne des Kindeswohls ist. Das heißt: Du darfst nicht einfach neugierig sein. Du darfst nur dann reinschauen, wenn du echte Anzeichen von Gefahr hast - wie Mobbing, sexueller Missbrauch oder Suchtverhalten. Und selbst dann: Dokumentiere, warum du es tust. Und sprich mit dem Kind, sobald es möglich ist.
Was ist mit gemeinsamen Konten?
Einige Paare teilen Netflix- oder Spotify-Accounts. Manchmal sogar E-Mail-Adressen. Aber: Teilen ist nicht dasselbe wie Zugriff. Wenn du ein gemeinsames Konto hast, dann ist das eine vertragliche Vereinbarung zwischen dir und dem Dienstleister. Aber wenn dein Partner sagt: „Ich will, dass du nicht auf meine private E-Mail schaust“, und du tust es trotzdem - dann verletzt du seine Privatsphäre. Und das kann strafrechtlich relevant werden, besonders wenn es in einem Trennungs- oder Scheidungskontext passiert.
Einige Gerichte haben entschieden: Wer in einer Beziehung unbefugt auf digitale Daten zugreift, handelt wie ein Hacker - selbst wenn er der Partner ist. Das gilt auch für Cloud-Speicher, Google-Fotos oder iCloud-Backups. Wenn es nicht explizit gemeinsam genutzt wird, ist es privat.
Was passiert, wenn du erwischt wirst?
Die Strafen variieren. In den meisten Fällen wird es mit einer Geldstrafe geahndet - oft zwischen 50 und 100 Tagessätzen. Das kann zwischen 500 und 5.000 Euro liegen, je nach Einkommen. In schwerwiegenden Fällen - etwa wenn du Finanzdaten gestohlen oder persönliche Fotos verbreitet hast - kann es bis zu drei Jahre Haft geben.
Aber die Strafe ist nicht das Schlimmste. Das Schlimmste ist, was danach kommt: Vertrauensbruch. Beziehungen brechen. Freundschaften enden. Arbeitgeber kündigen. Ein Strafregister kann dich bei Bewerbungen behindern - besonders in Berufen mit Vertrauensstellung, wie Lehrer, Polizist, Sozialarbeiter oder Finanzberater.
Was solltest du stattdessen tun?
Wenn du misstrauisch bist, sprich. Wenn du Angst hast, frag offen. Wenn du denkst, dein Partner, dein Kind oder dein Freund versteckt etwas, dann sag es. Nicht mit einem Passwort, sondern mit einem Gespräch. Die meisten Probleme entstehen nicht durch das, was jemand tut, sondern durch das, was man sich vorstellt, dass er tut.
Wenn du ein Konto kontrollieren willst, weil du dich sorgst - dann lass dich beraten. Ein Familienberater, ein Therapeut oder ein Vertrauensperson kann dir helfen, ohne rechtlich zu riskieren. Du brauchst keine Hacker-Techniken, um jemanden zu schützen. Du brauchst Mut, um ehrlich zu sein.
Was ist mit Passwörtern, die man „zufällig“ sieht?
Stell dir vor: Du siehst, wie jemand sein Passwort eingibt. Du hast es nicht gefragt. Du hast es nicht gebeten. Du hast es einfach gesehen. Darfst du es nutzen? Nein. Das ist wie ein Brief auflesen, den jemand fallen gelassen hat. Du hast keinen Recht auf den Inhalt. Du hast keine Erlaubnis. Und wenn du ihn nutzt - auch nur, um zu schauen - dann bist du der Täter.
Was du tun solltest: Ignoriere es. Vergiss es. Sag nichts. Und wenn du dich nicht zurückhalten kannst - dann sprich mit einem Anwalt. Nicht mit dem, dessen Passwort du gesehen hast. Mit einem neutralen Profi. Denn manchmal ist die beste Lösung nicht, was du tun kannst - sondern was du nicht tun darfst.
Was ist mit alten Konten?
Einige Leute denken: „Mein Freund ist gestorben. Ich habe sein Passwort. Ich will seine Fotos sichern.“ Das ist verständlich. Aber auch hier: Ohne rechtliche Grundlage ist der Zugriff illegal. Selbst wenn du der Erbe bist. Selbst wenn du alles gut meinst. In Deutschland gibt es ein Verfahren: Du musst den Nachlassverwalter oder den Anwalt des Verstorbenen kontaktieren. Er kann dir einen formellen Zugriff gewähren - oder dich an den Dienstleister verweisen. Google, Apple, Facebook und andere haben spezielle Prozesse für Hinterbliebene. Du musst nur den richtigen Weg nehmen.
Es gibt keine Ausnahme für Trauer. Es gibt keine Ausnahme für Liebe. Es gibt keine Ausnahme für Neugier.
Was ist mit Kindern, die ihre Eltern ausprobieren?
Manche Kinder probieren aus: „Was passiert, wenn ich mich in das Konto meiner Mutter einlogge?“ Sie denken, es ist ein Spiel. Aber für das Gesetz ist das kein Spiel. Wenn ein 16-Jähriger sich ohne Erlaubnis in das Konto seiner Mutter einloggt - etwa um ihre Rechnungen zu ändern oder ihre Fotos zu löschen - dann kann er strafrechtlich belangt werden. Die Strafe ist meist mild, aber das Verfahren bleibt. Und es bleibt in der Akte.
Eltern sollten klare Regeln aufstellen: Wer darf was? Wann? Und wie? Ein Familien-Vertrag über digitale Privatsphäre kann helfen. Nicht als Kontrolle - sondern als Respekt.
Was ist mit öffentlichen Geräten?
Wenn du am Computer deines Freundes eingeloggt bleibst - und er nicht ausloggt - darfst du dann nutzen? Nein. Das ist wie ein offener Briefkasten. Du darfst nicht einfach reinschauen. Du darfst nicht einfach antworten. Du darfst nicht einfach etwas löschen. Selbst wenn du denkst, du tust es gut. Selbst wenn du denkst, du hilfst. Du hast keine Erlaubnis. Und das macht dich zum Täter.
Was ist mit Apps, die sich automatisch anmelden?
Manche Geräte speichern Passwörter. Du greifst auf das iPhone deiner Freundin zu - und bist automatisch in WhatsApp eingeloggt. Ist das illegal? Ja. Denn du hast nicht die Erlaubnis, das Gerät zu nutzen. Die automatische Anmeldung ist ein technisches Feature - kein rechtlicher Freibrief. Wenn du es nutzt, um Nachrichten zu lesen, dann brichst du das Gesetz. Selbst wenn du es nur einmal tust. Selbst wenn du es nicht böse meinst.
Die Lösung? Logge dich aus. Frag. Und wenn du unsicher bist - lass es. Besser ein Moment der Unbehaglichkeit als ein lebenslanger Rechtsstreit.
Was ist mit Passwort-Teilen?
Wenn jemand dir sein Passwort gibt, ist das dann erlaubt? Ja - aber nur, solange er es ausdrücklich sagt. Und nur für den Zweck, den er meint. Wenn er sagt: „Du kannst mein Netflix nutzen“, dann darfst du das. Aber nicht seine E-Mail. Nicht seine Bank. Nicht seine Fotos. Wenn er sagt: „Du kannst alles sehen“, dann ist das eine mündliche Einwilligung - aber sie ist schwer nachzuweisen. Und wenn er später sagt: „Ich meinte nur Netflix“, dann bist du der Täter.
Die einzige sichere Regel: Alles schriftlich. Alles klar. Alles mit Zustimmung. Sonst ist es illegal.
Was ist mit dem Internet der Dinge?
Smart-Home-Geräte wie Kameras, Türöffner oder Thermostate sind auch betroffen. Wenn du dich ohne Erlaubnis in das System deines Nachbarn einloggst - etwa um zu sehen, ob er zu Hause ist - dann verstößt du gegen das § 202a StGB und zusätzlich gegen das § 201 StGB (Verletzung der vertraulichen Sphäre). Das ist kein kleiner Fehler. Das ist ein schweres Vergehen. Und es wird immer häufiger verfolgt.
Was kannst du tun, wenn jemand sich in dein Konto eingeloggt hat?
Wenn du merkst, dass jemand ohne deine Erlaubnis in dein Konto gekommen ist - dann handle sofort. Ändere das Passwort. Aktiviere die Zwei-Faktor-Authentifizierung. Sichere deine Daten. Und melde es bei der Polizei. Du hast das Recht, geschützt zu werden. Und du hast das Recht, nicht ausgeforscht zu werden.
Warum ist das wichtig?
Digitaler Raum ist kein Wildwest. Er ist ein Ort, an dem Menschen ihre intimsten Gedanken, ihre Finanzen, ihre Beziehungen und ihre Identität bewahren. Wer diesen Raum ohne Erlaubnis betritt, bricht nicht nur ein Gesetz - er bricht ein Vertrauen, das schwer zu reparieren ist.
Es ist nicht nur illegal. Es ist falsch. Und es hat Konsequenzen - für dich, für andere, für die Art, wie wir miteinander umgehen.
Die einfache Regel
Wenn du nicht sicher bist, ob du das Konto nutzen darfst - dann tu es nicht. Frag. Warte. Sprich. Denn manchmal ist die stärkste Handlung nicht das Eindringen - sondern das Zurückhalten.
Ist es legal, sich in das Konto meines Partners einzuloggen, wenn ich das Passwort kenne?
Nein. Selbst wenn du das Passwort kennst, ist der Zugriff ohne ausdrückliche Zustimmung illegal. Das Gesetz schützt die Privatsphäre - nicht das Wissen um das Passwort. Wer ohne Erlaubnis zugreift, begeht einen Verstoß gegen das Computerstrafrecht (§ 202a StGB).
Darf ich als Elternteil das Konto meines Kindes überwachen?
Unter 14 Jahren darfst du unter bestimmten Voraussetzungen Zugriff haben - etwa wenn du Anzeichen von Gefahr siehst. Ab 14 Jahren genießt dein Kind ein Recht auf Privatsphäre. Du darfst nicht einfach reinschauen, nur weil du es für richtig hältst. Besser: Sprich mit dem Kind, setze klare Regeln und nutze Eltern-Apps mit Zustimmung.
Was passiert, wenn ich mich in ein Konto einlogge und nichts Böses tue?
Es spielt keine Rolle, ob du etwas Böses getan hast. Die Strafbarkeit richtet sich nach dem unbefugten Zugriff - nicht nach dem Ergebnis. Selbst wenn du nur einen einzigen Post gelesen hast, kannst du strafrechtlich belangt werden.
Ist es erlaubt, das Passwort eines verstorbenen Angehörigen zu nutzen?
Nein - nicht ohne rechtlichen Weg. Du musst den Nachlassverwalter oder den Anwalt kontaktieren. Dienste wie Google oder Apple haben spezielle Prozesse für Hinterbliebene. Nur mit deren Genehmigung darfst du auf Daten zugreifen.
Kann ich jemanden anzeigen, der sich in mein Konto eingeloggt hat?
Ja. Du kannst eine Anzeige bei der Polizei erstatten. Sammle Beweise: Login-Daten, Zeitstempel, Nachrichten. Die Polizei kann den Dienstleister auffordern, die IP-Adresse zu ermitteln. Auch Partner oder Ex-Partner können angezeigt werden - unabhängig von der Beziehung.
Dieter Krell
Dezember 5, 2025 AT 13:33Ich finds krass, wie viele Leute denken, dass Passwörter eine Einladung sind. Nein, das ist kein Türöffner, das ist ein Schloss. Und wenn du das Schloss knackst, egal wie harmlos du bist – du bist der Einbrecher. Punkt.
Joel Lauterbach
Dezember 5, 2025 AT 23:35Stimmt. Selbst wenn du das Passwort von deiner Freundin kennst – wenn sie es geändert hat, ist das ein klares Signal. Kein Recht, kein moralisches Hochgefühl, kein ‘ich mache das ja nur für sie’ – das ist einfach ein Verstoß. Punkt.